Finanzielle Nachhaltigkeit

Die Kombination aus BAK Taxation Index (EATR-Steuerbelastung) und Nachhaltigkeit der Finanzpolitik ergibt ein umfassendes Bild der Steuerattraktivität eines Standorts. Die Nachhaltigkeit der Finanzpolitik eines Standorts ist ein Gradmesser für den Gesundheitszustand des öffentlichen Haushalts und damit für die Haltbarkeit des aktuellen Steuerniveaus: An nachhaltig finanzierten Standorten ist das Steuerniveau längerfristig abgesichert; an nicht nachhaltig finanzierten Standorten drohen Steuererhöhungen. Als Nachhaltigkeitskriterium wird dabei der von der EU verwendete Indikator «Fiskallücke» verwendet. Dieser Indikator gibt an, wie stark der Haushaltsabschluss eines Landes (bzw. Kantons) angepasst werden müsste, um innerhalb eines Zeitraums von fünfzehn Jahren das sogenannte Maastricht-Kriterium (eine Staatsverschuldung von 60% des BIPs) zu erreichen.
Finanzielle Nachhaltigkeit 2021 und Steuerbalastung Unternehmen (kombinierte Betrachtung)
Die Schweizer Kantone zeichnen sich bemessen am EU-Kriterium durch eine nachhaltigere Finanzpolitik aus als die Mehrzahl der betrachteten EU-Länder. Das heisst, Im internationalen Vergleich ist die Finanzlage der meisten Kantone in einem sehr guten Zustand. Dafür sind insbesondere die vergleichsweise tiefen Schuldenquoten in den Kantonen verantwortlich. Gleichzeitig ist die Steuerbelastung für Unternehmen (und analog: für hoch qualifizierte Arbeitnehmer) im internationalen Vergleich niedrig. Unsere Analyse zur Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen 2021 zeigt, dass die Kantone sich dieses vorteilhafte Steuerklima auch leisten können.


MethodikFür die Beurteilung der Nachhaltigkeit der Finanzpolitik im Rahmen des BAK Taxation Index wird an einen Indikator angeknüpft, den die EU für ihr Monitoring der finanziellen Nachhaltigkeit der EU-Mitgliedsstaaten verwendet (aktuelle Publikation: „Debt Sustainability Monitor 2020“). Konkret handelt es sich um den Indikator Fiskallücke („fiscal gap indicator S1“), welcher dafür konzipiert ist, die finanzpolitische Nachhaltigkeit im (mittelfristigen) Zeitraum zu beurteilen. Der Ausgangspunkt des Indikators Fiskallücke ist die intertemporale Budgetrestriktion des Staates. Diese fordert, dass der Barwert des Schuldenanfangsbestands und aller zukünftigen Ausgaben durch den Barwert des Schuldenendstandes und aller zukünftigen Einnahmen gedeckt sein muss. Als Schuldenendstand bzw. Zielverschuldung wird für alle Standorte eine Schuldenquote (Staatsschulden in Prozent des BIPs) von 60% unterstellt. Dies entspricht dem Maastricht-Kriterium und stellt sicher, dass die Ergebnisse zwischen Gebiets-körperschaften vergleichbar sind. Bei den zukünftigen Ausgaben wird der Einfluss des demographischen Wandels berücksichtigt. Der von der intertemporalen Budgetrestriktion abgeleitete Indikator Fiskallücke ist definiert als die Differenz zwischen der nachhaltigen Primärsaldoquote und der Primärsaldoquote im Basisjahr. (Die Primärsaldoquote entspricht dem Primärsaldo – also der Differenz zwischen Primäreinnahmen und Primärausgaben – in Prozent des BIPs.) Die nachhaltige Primärsaldo-quote ist jene Primärsaldoquote, die ab dem Basisjahr jährlich erreicht werden müsste, da-mit bis zum Ende des Betrachtungszeitraums (15 Jahre ab dem Basisjahr) eine Bruttoschuldenquote von 60% erreicht wird. Die Fiskallücke gibt folglich das Ausmass an, um welches die Primärsaldoquote des Basisjahres angepasst werden müsste, damit die Bruttoschulden-quote von 60% erreicht wird. Bei der Interpretation der Fiskallücke ist zu beachten, dass negative Werte eine nachhaltige und positive Werte eine nicht nachhaltige Finanzpolitik an-zeigen. Mit den folgenden zwei Beispielen soll die Interpretation der Fiskallücke illustriert werden: Für Italien liegt die die Fiskallücke bei 9.2% und die Primärsaldoquote im Basisjahr (für Italien ist dies 2025) -0.8%. Das bedeutet, dass Italien nach der fünfjährigen Übergangsphase jedes Jahr eine um 9.2 Prozentpunkte höhere Primärsaldoquote benötigt als im Basisjahr, um 2040 eine Bruttoschuldenquote von 60% zu erreichen. Umgekehrt beträgt im Kanton Luzern die Fiskallücke -1.9% und die Primärsaldoquote im Basisjahr 0.7%. Der Kanton Luzern könnte sich nach der fünfjährigen Übergangsphase im Zeitraum bis 2037 deshalb prinzipiell jedes Jahr eine um -1.9 Prozentpunkte schlechtere Primärsaldoquote leisten als im Basisjahr und würde 2037 das unterstellte Maastricht-Verschuldungsziel von 60% immer noch erreichen. Die Datenaufbereitung für die Kantone ist so konzipiert, dass die einzelnen Kantone jeweils ihre Gemeinden und einen ihrer Wirtschaftskraft entsprechenden Anteil der Bundesebene (inklusive Sozialversicherungen) beinhalten. Das Total aller Kantone bildet somit die Gesamtschweiz ab.
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